Zwischen Rückschlag und Widerstand

Wien (OTS) – Nicht nur die Demokratie ist im Umbruch, auch der
Journalismus – und
im Besonderen die Berichterstattung über Frauen oder feministische
Themen. Erfolgsstorys über Frauen oder Gleichstellungs-Fortschritte
sind zusehends weniger zu finden, um so wichtiger ist es, die Arbeit
von Journalistinnen und ihre Leistungen sichtbar zu machen und ihnen
laut zu applaudieren. Genau das tut der Journalistinnenkongress
jährlich bei der Gala der MedienLÖWINNEN. Hier sind die nominierten:

Zwtl.: GoldLÖWINNEN

In der Meisterkategorie, Goldene MedienLÖWIN, wird eine Frau für
ihr Lebenswerk, ihre Vorbildwirkung und ihr Durchsetzungsvermögen
ausgezeichnet. Nominiert sind Barbara Haas (Kleine Zeitung), Nina
Horaczek (falter) und Eva Karabeg (ORF). Die Statue wird von der
Wirtschaftskammer gestiftet. Nun sind über 70 Journalist:innen des
Landes am Zug, die ihre Favoritin durch Punktevergabe wählen. Die
Siegerin wird bei der Gala der MedienLÖWINNEN bekannt gegeben und
entsprechend gefeiert.

Zwtl.: Big Picture fehlt

In der Kategorie der Silbernen MedienLÖWIN – powered by Agrana –
zählt der Content der einzelnen Beiträge. In der Gesamtschau auf die
diesjährigen Einreichungen lässt sich eine alarmierende Abwesenheit
verzeichnen: Über die großen Zusammenhänge, die nachhaltige Vision
von Gleichstellung und Chancen-Gerechtigkeit oder die Ausrichtung von
Frauenbewegungen und Frauenpolitik wird nicht mehr berichtet. „Doch
gerade jetzt, wenn Demokratie insgesamt immer mehr unter Druck
kommt“, so Jury-Vorsitzende Elisabeth Pechmann, „ist es
brandgefährlich, dass Frauenpolitik als Ganzes – also das >Big
Picture< einer effektiven, nachhaltigen und umfassenden
Gleichstellung – fast völlig aus dem öffentlich-medialen Diskurs
verschwunden ist.“ Die Finalistinnen der Silbernen MedienLÖWIN 2025
sind:

Mit ihrer Reportage „Alt, arm, weiblich“ (Ö1/Journal Panorama)
geht Veronika Mauler ins Rennen. Dem Thema Frauen-Armut im Alter
durch den Pension-Gap nähert sie sich über individuelle Schicksale,
ergänzt mit Zahlen, Daten und Fakten und vertieft mit der Beleuchtung
der strukturellen und politischen Ursachen. Oder, wie es eine Jurorin
ausdrückt: „Sie packt die umfassende Betrachtung einer zentralen
Frauen-Diskriminierung in eine halbe Radio-Stunde, die Jede*r, die*
der es mit einer Bekämpfung des Problems ernst meint, gehört haben
sollte.“

Lea Sahay für ihre Reportage „Die Töchter Chinas“ (Süddeutsche
Zeitung). Der Artikel zeigt auf, wie Chinas Patriarchat die Frauen
wieder ins Private zwingen will – und wie Frauen sich dagegen wehren:
Sie setzen auf Bildung, kümmern sich um ihre Karriere, verzichten
aufs Heiraten oder gründen Frauen-Netzwerke. Trotz des repressiven
Regimes hat die China-Korrespondentin der SZ Frauen gefunden, die
mutig sagen, was frau sagen muss. Die Jury resümiert: „Sie gehen
dieses große Risiko auch ein, damit andere Frauen Hoffnung schöpfen
und gestärkt werden.“

Lisa Marie Wögerbauer und Hannah Lea Jutz für ihr Interview-
Feature „Start me up: Female Founders“ (Radio Radieschen –
Ausbildungs-Radiosender der FH Wien). Der Beitrag, gestaltet von
Studentin Wögerbauer, betreut von Dozentin Jutz, erklärt gut, warum
es Frauen in männerdominierten Branchen wie Technik und IT schwer
haben – und wie Erfolg dennoch gelingt. „Dieses Feature zeigt,
wieviel man mit kluger Interview-Führung aus einer gut ausgewählten,
medial noch nicht weit herumgereichten Gesprächspartnerin herausholen
kann“, so eine Jurorin.

Zwtl.: Gemeinsame Sache

Der MedienLÖWE richtet sich an Teams und Redaktionen, die sich
nachhaltig, strukturiert und mit besonderen Schwerpunkten oder
Initiativen der Lebensrealität von Frauen widmen. Die Statue ist von
den Österreichischen Lotterien gefördert. Auf der Shortlist sind
heuer:

„What the FEM?“ , das feministische TV-Format auf dem Wiener
Stadtsender W24 unter Leitung von Juliane Ahrer . Die Journalistin
und Moderatorin hat 2023 mit „What the FEM?“ Österreichs erste
feministische Sendung ins TV gebracht. Jede Folge widmet sich einem
neuen Thema. Angefangen von Frauenquote, Väterkarenz bis zu
Gewaltthemen oder die Gesundheit wird alles besprochen, was gender-
politisch und gesellschaftsrelevant ist. Die Jury entschied: „Das
kleine, engagierte Team scheut sich auch nicht vor großen
Kontroversen, egal ob Abtreibung, toxische Männlichkeit oder
Feminismus im Islam.“

Das Team hinter der „Berichterstattung zum Fall Pelicot“ auf
orf.at unter Leitung von Julia Ortner schaffte es, den Fall des
sexuellen Missbrauchs an der Französin Gisèle Pelicot durch ihren
Ehemann, die juristische Aufarbeitung und die daraus entstandene
Bewegung ebenso seriös wie sensibel zu vermitteln. „Viele Medien“,
sagt eine Jurorin, „haben berichtet, nur wenigen gelang es, dem
Spirit dieser Bewegung konsequent gerecht zu werden und dazu
beizutragen, dass >die Scham die Seite wechseln muss<“. Eine weitere
Stimme aus der Jury sagt: „Einfühlsam, aber klar wird in der Serie
auf orf.at die Geschichte einer Selbstermächtigung nachgezeichnet –
wie eine Frau sich nicht zum namenlosen Opfer misogyner Verbrecher
machen lässt, sondern dem Frauenhass und der systematischen Gewalt
entschlossen entgegentritt.“

„Perfumed Garden“, Print-Magazin für weibliche Lust, gegründet
und geleitet von Nadin Schley. Das Redaktionsteam zeigt, wie
Sexualität selbstbestimmt gelebt werden kann und schreibt darüber,
was frau immer schon über weibliche Lust wissen wollte. Jurorinnen
sagen: „Es hat sehr viel mit Selbstbestimmung und Selbstermächtigung
zu tun, die eigene Lust zu verstehen und sie buchstäblich selbst-
bewusst zu leben. Zudem ist ein Safe Space für weibliche Sexualität
das dringend gebrauchte Gegengewicht zu den vielen auf Sexualisierung
basierenden Benachteiligungen von Frauen – von sexistischer Hate
Speech auf Social Media bis zur Massenvergewaltigung als
Kriegshandlung.“

Zwtl.: Gala der MedienLÖWINNEN

Am 4. November 2025 zeichnen wir bei der Gala der MedienLÖWINNEN
im Haus der Industrie die Gewinner:innen der jeweiligen Kategorien
aus und feiern alle Journalist:innen, die unermüdlich weiterarbeiten.
Jury-Vorsitzende Elisabeth Pechmann bringt es auf den Punkt: „Unsere
beiden Content-basierten Preise „Silberne MedienLÖWIN“ und
„MedienLÖWE“ vergeben wir daher nicht nur als Würdigung für bereits
geleistete journalistische Arbeit, sondern ausdrücklich auch als
Bestärkung – für die Preisträger:innen selbst, und ebenso für alle
anderen zukunftsorientierten Medienschaffenden, damit sie das „Big
Picture“ einer fairen Gesellschaft im Auge behalten und am Frauen-
Thema dranbleiben.“

Zwtl.: Von Autokraten bedroht, von Konzernen gekauft
Wie kommt der Journalismus aus der Krise?

Wie überleben freie Medien im Zeitalter von Populisten,
Oligarchen und Dilettanten? Um Populismus, oligarchischen Strukturen
und Fake-News zu begegnen, sind Haltung, Mut und Standhaftigkeit
erforderlich. Die Grundwerte des Journalismus – Neugier, die Suche
nach Wahrheit und deren Verbreitung sowie der Wunsch, die
Gesellschaft aufzuklären – scheinen vielfach verloren gegangen und
brauchen einen Neubeginn.

Welche Resilienz, welche Widerständigkeit wird von Redaktionen und
Verlagen erwartet, um unabhängig Themen investigativ recherchieren
und darüber berichten zu können? Wie können die Vielfalt der Medien
gesichert und der Journalismus aus der Krise geführt werden?