Wien (PK) – Im zweiten Teil des heutigen Landwirtschaftsausschusses
wurde eine
Initiative der Regierungsfraktionen zur Verbesserung der
psychosozialen Rahmenbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft
einstimmig angenommen.
Mehrheitlich – mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und FPÖ –
sprach sich der Ausschuss für einen weiteren Entschließungsantrag zur
„Stärkung der biologischen und regionalen sowie tierwohlgerechten
Lebensmittelbeschaffung im Bundesbereich“ und die Begleitung des
laufenden „naBe-Überarbeitungsprozesses“ aus. Dieser Antrag wurde von
den Koalitionsparteien auf Basis eines Entschließungsantrags der
Grünen im Ausschuss eingebracht. Der ursprüngliche Antrag der Grünen
wurde abgelehnt. Sie hatten darin gefordert, Bio- und
Tierwohlkriterien bei der Lebensmittelbeschaffung „nicht
abzuschwächen, sondern umzusetzen“.
Vertagt wurde die Forderung der FPÖ nach einem EuGH-Gutachten zum
Mercosur-Abkommen. Auch die Initiativen der Grünen für die Stärkung
der pflanzlichen Produktion in Österreich und die Stärkung der
ökologischen und kleinstrukturierten Landwirtschaft durch die GAP
wurden ebenso wie eine Reihe von wiederaufgenommenen
Entschließungsanträgen von den Koalitionsparteien vertagt.
Psychosoziale Rahmenbedingungen verbessern
Eine Studie über soziale und psychische Belastungen in der Land-
und Forstwirtschaft habe „klaren Handlungsbedarf“ gezeigt, da 46 %
der Befragten über psychische Beschwerden berichtet haben. Einstimmig
wurde daher ein Entschließungsantrag der Regierungsparteien
angenommen, der darauf abzielt, die Informationsarbeit zu bestehenden
Unterstützungs- und Entlastungsangeboten zu forcieren sowie
bestehende Unterstützungsstrukturen weiterzuentwickeln und besser
miteinander zu verzahnen. Zudem soll die Vernetzung und Kooperation
aller relevanten Akteurinnen und Akteure im psychosozialen Bereich
intensiviert und Präventions- und Qualifizierungsmaßnahmen gefördert
werden ( 629/A(E) ).
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig betonte, dass die
Erstellung der Studie zu den „Sozialen und psychischen Belastungen
der Landwirtinnen und Landwirte sowie Forstwirtinnen und Forstwirte
in Österreich“ ein erster Schritt zur Informationsgewinnung gewesen
sei und nun erstmals dazu Daten vorliegen würden. Die Studie
verdeutliche, dass die Belastungen in der Land- und Fortwirtschaft
vielfältig seien und es Unterstützung auf vielen Ebenen brauche. Dazu
sei ein Schulterschluss aller Akteurinnen und Akteure notwendig,
sagte Totschnig und verwies auf dazu bereits in Umsetzung befindliche
Projekte. Die Bundesregierung würde sich dazu bekennen, in Zukunft
verstärkt Maßnahmen in diesem Bereich zu setzen.
Die Studie würde beweisen, dass es viel zu tun gebe, sagte Georg
Strasser (ÖVP) und hob die Website „Lebensqualität Bauernhof“ als
wichtiges Projekt hervor, das weiter ausgebaut und vernetzt werden
solle. Karin Doppelbauer (NEOS) betonte, dass es niederschwellige
Unterstützungsangebote brauche, da Betroffenen oft die Hemmschwelle
zu groß erscheine, um sich Hilfe zu holen.
Albert Royer (FPÖ) drängte auf Bürokratieabbau in der Land- und
Forstwirtschaft, um Bäuerinnen und Bauern zu entlasten. Auch sein
Fraktionskollege Peter Schmiedlechner kritisierte, dass es für
Bäuerinnen und Bauern zu viele Auflagen zu erfüllen gebe. Es sei
zudem Aufgabe der Politik, die wirtschaftliche Lage zu verbessern und
dafür zu sorgen, dass man „mit der Landwirtschaft wieder Geld
verdienen könne“. Nach konkreten Maßnahmen zur Unterstützung der
Bäuerinnen und Bauern fragte Manuel Pfeifer (FPÖ).
Scharfe Kritik gab es von den Grünen. „Als Schlag ins Gesicht der
betroffenen Familien“, bezeichnete Olga Voglauer (Grüne) den
Entschließungsantrag, denn dieser enthalte lediglich Ankündigungen,
kritisierte sie. Als Antwort auf die Ergebnisse dieser Studie brauche
es mehr – die Regierung müsse innerhalb der nächsten zwölf Monate
etwas Konkretes vorlegen, forderte sie. Ihre Fraktion stimmte dennoch
für den Antrag.
Nachhaltige öffentliche Beschaffung
In einem Entschließungsantrag kritisierten die Grünen, dass der
Bund laut medialen Berichten plane, die Kriterien zur nachhaltigen
öffentlichen Beschaffung (naBe) im Lebensmittelbereich abzuschwächen.
Das betreffe etwa die Streichung des 55-%-Ziels für biologische
Lebensmittel bis 2030, das Verschwinden von Tierwohlvorgaben sowie
die Einführung zahlreicher Schlupflöcher. Sie forderten deshalb die
aktuell gültigen Kriterien für Lebensmittel im naBe-Aktionsplan
unverändert beizubehalten ( 589/A(E) ). Statt an einer Abschwächung
solle aktiv an einer ambitionierten Umsetzung, insbesondere der Bio-,
Tierwohl- und Gentechnikfrei-Kriterien in der Lebensmittelbeschaffung
in allen Dienststellen der Bundesministerien gearbeitet werden, so
Olga Voglauer (Grüne).
Peter Schmiedlechner (FPÖ) betonte, dass die öffentliche
Beschaffung mit gutem Beispiel voran gehen und den Verzehr
österreichischer Lebensmittel steigern solle.
Das Thema sei wichtig und werde auch im Regierungsprogramm
ausführlich behandelt, betonte Karin Doppelbauer (NEOS). Die
Umsetzung der Kriterien zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung
habe bisher nicht funktioniert, daher werde intensiv an dieser Sache
gearbeitet, betonte sie. Sie brachte im Ausschuss einen
Entschließungsantrag der Regierungsparteien ein, der auf die Prüfung
von Maßnahmen abzielt, welche die langfristige Stärkung der
biologischen Landwirtschaft in Österreich unterstützen und „zu einer
ambitionierten und umsetzbaren Ausweitung“ des Bio-Anteils im
Bundesbereich beitragen können. Zudem soll laut Antrag unter anderem
ein administrativ umsetzbares Monitoringsystem entwickelt werden, das
den Fortschritt bei der nachhaltigen Lebensmittelbeschaffung
nachvollziehbar darstellt.
Olga Voglauer kritisierte heftig, dass im Entschließungstext des
Antrags „Tierwohl“ nicht berücksichtigt werde und es daher einen
solchen Antrag „niemals hätte geben dürfen“. Denn Regionalität reiche
nicht aus, da es auch in Österreich Tierquälerei geben würde, sagte
Voglauer und ging auf aktuelle Medienberichte über Missstände in
einem Betrieb mit AMA-Gütesiegel ein.
Georg Strasser (ÖVP) verwies auf die zahlreiche Kontrollen der
AMA. Ein „Brandmarken des AMA-Gütesiegels“ lehne er ab, betonte
Strasser und forderte „weniger Emotion in der Debatte“.
FPÖ drängt auf EuGH-Gutachten zum Mercosur-Abkommen
Die FPÖ ortet durch die beim Mercosur-Abkommen gewählte
Vorgangsweise der Europäischen Kommission einen
„demokratiepolitischen Skandal und Putsch gegen die demokratische
Mitsprache der Mitgliedstaaten“. Denn die Kommission wolle durch ein
„Splitting“ des Abkommens in einen allgemein- und handelspolitischen
Teil das Einstimmigkeitsprinzip umgehen und damit die Notwendigkeit
einer Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten verhindern. Österreich
sei gefordert, „dagegen mit aller Entschiedenheit auf europäischer
Ebene vorzugehen“, heißt es im Entschließungsantrag der
Freiheitlichen ( 538/A(E) ). Peter Schmiedlechner forderte die
Bundesregierung dazu auf, ein Gutachten des Europäischen Gerichtshofs
einzuholen, „um angesichts der Unvereinbarkeit des geplanten Mercosur
-Abkommens mit den EU-Verträgen ein Inkrafttreten der Übereinkunft zu
verhindern“.
Josef Hechenberger (ÖVP) verwies darauf, dass der
Wirtschaftsausschuss für dieses Thema zuständig sei. Abgesehen davon
sei die Bundesregierung ohnehin nach wie vor an den Beschluss des EU-
Unterausschusses des Nationalrats von 2019 gebunden sei, gegen den
Mercosur-Vertrag zu stimmen, sagte Hechenberger. Er führte weiter
aus, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen planen
würde, am 20. Dezember nach Brasilien zu reisen. Sollte dann
verkündet werden, dass es zu einem Vertragsabschluss mit den Mercosur
-Staaten komme, sei das Europäische Parlament am Zug, so Hechenberger
und stellte den Antrag auf Vertagung, da „derzeit kein
Handlungsbedarf“ bestehen würde.
Olga Voglauer (Grüne) legte dar, dass aus ihrer Sicht
Handlungsbedarf gegeben sei. Peter Schmiedlechner (FPÖ) stellte den
Antrag, den vorliegenden Entschließungsantrags dem
Wirtschaftsausschuss zuzuweisen. Dieser Antrag wurde mitvertagt.
Grüne fordern Stärkung der pflanzlichen Produktion
Ein Förderprogramm für die pflanzliche Produktion forderten die
Grünen mit einem weiteren Entschließungsantrag. Um für Krisen – wie
etwa Störungen der Lieferkette oder größere Ernteausfälle in Ländern,
aus denen importiert wird – vorzusorgen, sei es notwendig, die
österreichische Eigenproduktion im pflanzlichen Bereich zu stärken (
590/A(E) ). Dies sei ein vorausschauender Antrag, da aufgrund des
Klimawandels, des hohen Bodenverbrauchs und der sinkenden Zahl der
landwirtschaftlichen Betriebe verstärkt in die pflanzliche Produktion
investiert werden müsse, sagte Olga Voglauer.
Dieser Vorschlag sei grundsätzlich positiv, allerdings gebe es
aufgrund der aktuellen Budgetlage derzeit dafür keine Ressourcen,
sagte Petra Tanzler (SPÖ) und stellte den Vertragungsantrag.
Stärkung der ökologischen und kleinstrukturierten Landwirtschaft
durch die GAP
Österreich müsse sich bei den Verhandlungen über die Gemeinsame
Agrarpolitik (GAP) für die Jahre 2028 bis 2034 „klar und deutlich“
für den Erhalt einer vielfältigen, kleinstrukturierten Landwirtschaft
positionieren, forderte Olga Voglauer (Grüne).
Landwirtschaftsminister Totschnig soll sich daher laut einem
Entschließungsantrag der Grünen bei den Verhandlungen für eine
verpflichtende Umsetzung der Kappung und Degression der Fördermittel,
für eine EU-weit einheitliche, ambitionierte und wirksame
Konditionalität sowie für eine Mindestvorgabe von 50 % an Umwelt- und
Klimaausgaben im Rahmen der GAP einsetzen ( 591/A(E) ).
Es sei nicht der passende Zeitpunkt für diesen Antrag, meinte
Karin Doppelbauer (NEOS) und stellte den Vertagungsantrag.
Herkunftskennzeichnungen für Lebensmittel erneut Thema im
Ausschuss
Erneut befasste sich der Ausschuss mit der Forderung nach
Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel. Eine Initiative der FPÖ
schlägt „klar ersichtliche“ Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel –
nach dem „Model AT -EU – Non EU“ vor ( 177/A(E) ). Die Konsumentinnen
und Konsumenten würden wissen wollen, woher ihre Lebensmittel
stammen, betonte Peter Schmiedlechner (FPÖ).
Michael Seemayer (SPÖ) betonte, dass auch Informationen über die
Haltungsbedingungen der Tiere wichtig seien und sich die Regierung in
ihrem Regierungsprogramm zu Haltungs- und Herkunftsbezeichnungen
bekannt habe. Dies solle in einen gesetzlichen Rahmen gegossen
werden, sagte Seemayer und stellte den Vertagungsantrag.
Olga Voglauer (Grüne) betonte, dass nichts dagegen spreche, dies
„endlich in die Tat umzusetzen“.
Albert Royer (FPÖ) nannte es „toxisch“, dass es die Aussicht auf
ein Mercosur-Abkommen gebe, aber die Herkunftsbezeichnung der
Lebensmittel nicht umgesetzt sei. Dies werde für viele Betriebe
„tödlich“, meinte Royer.
Auch ihre Fraktion sehe die fehlende Herkunftsbezeichnung von
Lebensmitteln kritisch, sagte Karin Doppelbauer (NEOS). Sie gab
jedoch zu bedenken, dass eine Herkunftsbezeichnung in der Gastronomie
erneut mehr bürokratischen Aufwand bringen würde. Dies müsse man sich
genau ansehen, sagte Doppelbauer und stellte neuerlich den Antrag auf
Vertagung.
Ebenfalls neuerlich vertagt wurde die Forderung der FPÖ nach
einem Sockelförderbetrag für landwirtschaftliche Arbeitsplätze (
176/A(E )). Auch die wiederaufgenommenen Anträge der Grünen
betreffend der Einrichtung einer Pestizid-Anwendungsdatenbank ( 151/A
(E) ) und der Forderung nach dem Ende der Förderungen für
Vollspaltenböden in der Schweinehaltung ( 364/A(E) ) sowie für die
rasche Umsetzung der Entwaldungsverordnung ( 336/A(E) ) wurde
neuerlich vertagt. (Schluss Landwirtschaftsausschuss) bea




