Faire Bedingungen statt verpflichtendem „Solidarbeitrag“ für Jungärzt:innen

Wien (OTS) – Die ÖH Med Wien spricht sich klar gegen den Vorschlag
der SPÖ aus,
Medizinstudierende nach Abschluss des Studiums zu einem
“Solidarbeitrag” zu verpflichten. Eine solche Maßnahme wäre nicht nur
rechtlich und europarechtlich fragwürdig, sondern auch sozial
ungerecht und völlig ungeeignet, um die tatsächlichen Probleme im
österreichischen Gesundheitssystem zu lösen.

„Wer glaubt, Ärzt:innen durch Zwang im Land halten zu können,
verkennt die Realität. Wir haben kein Problem mit zu wenigen
Ärzt:innen, sondern mit falscher Verteilung, langen Wartezeiten in
der Ausbildung und unattraktiven Arbeitsbedingungen, besonders im
ländlichen Bereich“, erklärt Natascha Hett, Vorsitzende der ÖH Med
Wien. „Wer faire Bedingungen schafft, wird Ärzt:innen aus Überzeugung
im öffentlichen System halten, nicht durch gesetzliche
Verpflichtungen.“

Tatsächlich warten junge Mediziner:innen nach Bewerbung oft bis
zu 18 Monate auf einen Platz in der verpflichtenden Basisausbildung –
einem Flaschenhals, der den Berufseinstieg massiv verzögert.
Gleichzeitig fordern Politiker:innen, Absolvent:innen sollten sich
verpflichten, genau in diesem System zu arbeiten. „Es ist absurd, von
Absolvent:innen eine sofortige Tätigkeit im öffentlichen System zu
verlangen, während viele von ihnen überhaupt keinen Ausbildungsplatz
bekommen“, so Olivia Detzlhofer, 1. stellvertretende Vorsitzende der
ÖH Med Wien.

Die ÖH Med Wien betont, dass bereits jetzt ein erheblicher Teil
der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitssystem stattfindet.
Studierende leisten während des klinisch-praktischen Jahres
Vollzeitarbeit in Spitälern für eine Entlohnung, die weit unter der
Armutsgrenze liegt. Auch nach Studienabschluss arbeiten
Jungärzt:innen während der gesamten postgraduellen Ausbildung – also
in der Basis- und Facharztausbildung – ausschließlich im öffentlichen
System. „Wer von Solidarität spricht, sollte zuerst anerkennen, dass
Medizinstudierende und Jungärzt:innen schon jetzt tagtäglich ihren
Beitrag im öffentlichen System leisten, mit enormem Einsatz, wenig
Bezahlung und viel Verantwortung“, betont Anant Thind, 2.
stellvertretende Vorsitzender der ÖH Med Wien.

Anstatt verpflichtende Dienstzeiten zu fordern, müsse die Politik
endlich die strukturellen Probleme angehen: die ungleiche Verteilung
von Ärzt:innen zwischen Stadt und Land, die langen Wartezeiten auf
Ausbildungsstellen, sowie die unattraktiven Rahmenbedingungen im
niedergelassenen Bereich. „Solange Kassenverträge unattraktiv bleiben
und Arbeitsbedingungen in den Regionen kaum planbar sind, wird kein
Zwang der Welt junge Ärzt:innen dorthin bringen. Es braucht bessere
Verträge, faire Entlohnung und echte Perspektiven, nicht
Symbolpolitik“, so Jonathan Norwig, Vorsitzender der
Studienvertretung Humanmedizin.

Zudem weist die ÖH Med Wien auf den europäischen Grundsatz der
freien Berufswahl hin: Eine verpflichtende Bindung nur für
Medizinabsolvent:innen wäre nicht mit EU-Grundrechten vereinbar und
gegenüber anderen Studienrichtungen diskriminierend. Ziel sollte sein
unsere Ressourcen bestmöglich zu nutzen und nicht eine kurzsichtige
vermeintliche Lösung für ein komplexes strukturelles Problem
voranzutreiben.