Wien (OTS) – Die Westbahn GmbH hat heute in Österreich
Doppelstockzüge des
chinesischen Herstellers CRRC vorgestellt, die in Kürze auf der
Weststrecke zum Einsatz kommen sollen. Dies wäre einer der ersten
Einsätze von chinesischem Rollmaterial im Personenschienenverkehr in
der EU. „Das ist ein Dammbruch, der eine österreichische
Schlüsselindustrie, Zukunftsarbeitsplätze und die Krisenfestigkeit
der Eisenbahn gefährdet“, sagt Lukas Oberndorfer, Leiter der
Abteilung Klima, Umwelt und Verkehr der AK Wien.
Österreichische Bahnindustrie als hidden champion
Die österreichische Bahnindustrie hat sich in den letzten Jahren
zu einer Schlüsselindustrie entwickelt, in der 34.000 Menschen
beschäftigt sind. Österreich liegt weltweit auf Platz eins der Pro-
Kopf-Exporte mit 1,8 Mrd. Euro jährlich. Österreichische Unternehmen
leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, dass die EU bei
Automatisierung und Digitalisierung im Eisenbahnbereich das Rennen
macht. Diese Technologieführerschaft schlägt sich auch in der
Forschung nieder: Österreich belegt den ersten Platz bei Patenten pro
Kopf und führt bei EU-weiten Investitionen in Forschung und
Entwicklung im Eisenbahnbereich. „Im Gegensatz zu anderen
Verkehrsträgern haben wir im Bereich der Eisenbahnindustrie in der EU
noch die Technologieführerschaft. Diese durch Billiganbieter zu
gefährden, wäre industrie- und beschäftigungspolitisch kurzsichtig“,
so Oberndorfer.
Sicherheit im Öffentlichen Verkehr
In den letzten Monaten gab es anschauliche Beispiele dafür, warum
sich die Europäische Union im Bereich der Schlüsselindustrien und der
kritischen Infrastruktur nicht von Anbietern aus Drittstaaten
abhängig machen darf. So hat der Chiphersteller Nexperia die EU-
Autoindustrie ins Wanken gebracht und bei Tests von chinesischen E-
Bussen in Norwegen hat sich jüngst herausgestellt, dass diese
ferngesteuert abgeschaltet werden können. „Die Bahn ist das Rückgrat
des öffentlichen Verkehrs. Gerade in Zeiten zunehmender
geopolitischer Spannungen muss diese kritische Infrastruktur unter
öffentlicher und europäischer Kontrolle bleiben. Das ist mit
Rollmaterial, das von außerhalb der EU abgeschaltet werden kann,
nicht sichergestellt“, meint Oberndorfer.
EU-Wertschöpfung muss Vorrang haben
Vor diesem Hintergrund ist die EU-Kommission gefordert, ihre
Zulassungskriterien zu überprüfen. Aber auch auf nationalstaatlicher
Ebene gibt es Handlungsspielraum: Die Westbahn erhält Steuergelder
aus dem Klimaticketverbund. Derzeit gibt es allerdings keine Auflagen
hierfür. „Für uns ist wichtig, dass die Beschaffung von Rollmaterial
für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen, die Mitglied im
Klimaticketverbund sind, verpflichtend an soziale und ökologische
Kriterien geknüpft wird und einen Mindestanteil an europäischer
Wertschöpfung – also Produktion in Europa – vorsieht („Local Content“
-Auflagen)“, fordert Oberdorfer. Heimische Bahnproduktion ist aber
nicht nur Industriepolitik, sondern auch Standort- und
Sicherheitspolitik. „Deswegen sind staatliche Regelungen
erforderlich“, so Oberndorfer.




