Parlament: TOP im Nationalrat am 11. Dezember 2025

Wien (PK) – An der Spitze der Tagesordnung des zweiten Plenartags im
Dezember
steht eine Schulrechtspaket, das unter anderem ein Kopftuchverbot für
Schülerinnen bis zum 14. Lebensjahr, eine Suspendierungsbegleitung
für vom Unterricht ausgeschlossene Schülerinnen und Schüler sowie
Perspektivengespräche für Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher
bringt.

Außerdem werden die Abgeordneten über gesetzliche Maßnahmen gegen
sogenannte Parkplatz-„Abzocke“ und das 5. Mietrechtliche
Inflationslinderungsgesetz beraten. Um Mieterinnen und Mieter zu
entlasten, ist geplant, die Inflationsanpassung der Mieten im
geregelten Wohnungsmarkt – also für Gemeinde-, Genossenschafts- und
Altbauwohnungen – mit ein Prozent im Jahr 2026 und zwei Prozent im
Jahr 2027 zu deckeln. Zudem wird erstmals auch in die Wertanpassung
freier Mieten eingegriffen und die Mindestbefristung von Wohnungen
grundsätzlich auf fünf Jahre verlängert. Mehr Rechtssicherheit soll
es bei Wertsicherungsklauseln geben.

Im Zuständigkeitsbereich von Sozial- und Gesundheitsministerin
Korinna Schumann ist unter anderem die Einrichtung eines mit jährlich
rund 500 Mio. Ꞓ dotierten Gesundheitsreformfonds in Aussicht
genommen. Zudem sollen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an langen AMS-
Schulungen vom ab Jänner geltenden Zuverdienstverbot für Arbeitslose
ausgenommen und Klarstellungen in Bezug auf die Kündigungsfrist für
Arbeiterinnen und Arbeiter getroffen werden. Ein neuer
Tourismusbeschäftigungsfonds zielt darauf ab, Beschäftigte im
Tourismus durch die Unterstützung von Weiterbildungen in der Branche
zu halten. Die Einführung des elektronischen Eltern-Kind-Passes wird
auf Oktober 2026 verschoben, ELGA-Gesundheitsdaten sollen künftig
dreißig statt zehn Jahre gespeichert werden.

Fragestunde

Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr mit einer Fragestunde mit
Verkehrsminister Peter Hanke.

Kopftuchverbot an Schulen, Suspendierungsbegleitung

Mit einer von Bildungsminister Christoph Wiederkehr vorgelegten
Schulrechtsnovelle soll das von der Regierung angestrebte
Kopftuchverbot an Schulen gesetzlich verankert werden. Zum „Schutz
der kindgerechten Entwicklungs- und Entfaltungsfreiheit“ wird es
Schülerinnen demnach bis zu ihrem 14. Geburtstag untersagt, in der
Schule ein Kopftuch zu tragen, das „das Haupt nach islamischen
Traditionen verhüllt“. Das Verbot soll sowohl in öffentlichen Schulen
als auch in Privatschulen gelten. Unterricht außerhalb des
Schulgebäudes und Schulveranstaltungen bzw. schulbezogene
Veranstaltungen außerhalb der Schule sind allerdings nicht umfasst.
Das Kopftuch ziele auf „ehrkulturelle Verhaltenspflichten“ ab, wird
das Verbot begründet. In letzter Konsequenz sind – wenn Gespräche
nicht fruchten – Geldstrafen bis zu 800 Ꞓ bzw. Ersatzfreiheitsstrafen
von bis zu zwei Wochen vorgesehen.

Neben dem Kopftuchverbot in der Schule sieht die Gesetzesnovelle
auch die Einführung einer Suspendierungsbegleitung für vom Unterricht
ausgeschlossene Schülerinnen und Schüler vor. Verpflichtende
Perspektivengespräche sollen außerdem künftig dazu beitragen,
Schulabbrüche zu verhindern. Der Strafrahmen für Schulschwänzen wird
von 110 Ꞓ bis 440 Ꞓ auf 150 Ꞓ bis 800 Ꞓ angehoben.

Im Bildungsausschuss erhielt das Schulrechtspaket die Zustimmung
von ÖVP, SPÖ, NEOS und FPÖ. Die Grünen halten die Gesetzesnovelle
hingegen für nicht verfassungskonform. In Kraft sollen die
Bestimmungen zum Kopftuchverbot mit 1. September 2026, wobei laut ÖVP
ab Februar eine Aufklärungsphase starten soll.

Sichere Lernumgebung

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen spricht sich der
Bildungsausschuss in einer Entschließung dafür aus, klare Standards
und Abläufe für den Umgang mit herausfordernden Situationen an
Schulen zu entwickeln und die Schule als gewaltfreien Raum zu
etablieren. So soll etwa sichergestellt werden, dass der
Chancenbonus, die Suspendierungsbegleitung, die Perspektivengespräche
sowie Schulpsychologie, Schulsozialarbeit und weiteres psychosoziales
Supportpersonal im gesamten Bundesgebiet bedarfsgerecht,
nachvollziehbar und vollumfänglich eingesetzt werden.

Ausgangspunkt für die Entschließung waren Initiativen der Grünen
und der FPÖ, die selbst jedoch keine Mehrheit fanden. So drängen die
Grünen darauf, im Sinne der Prävention und der Entlastung von
Lehrpersonal Schulsozialarbeit und Schulpsychologie auszubauen. Die
FPÖ hat einen „9-Punkte-Plan für eine gewaltfreie Schule“ vorgelegt,
der Maßnahmen zur Prävention, Konflikt-Resilienz und Deeskalation
umfasst. Es brauche klare Handlungsanweisungen für Lehrkräfte, mahnt
die FPÖ.

Änderung des Bauproduktenotifizierungsgesetzes

Anpassungen an die jüngste Novelle des Bundesministeriengesetzes
sieht eine Änderung des Bauproduktenotifizierungsgesetzes 2013 vor.
Mit dem von der Dreierkoalition vorgelegten Antrag soll vorgesehen
werden, dass der Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus
bis 30. Juni 2026 weiter die notifizierende Behörde bleibt. Bis dahin
sollen entsprechende Strukturen im Bundesministerium für Wohnen,
Kunst, Kultur, Medien und Sport aufgebaut werden. Der Antrag wurde im
Bautenausschuss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen
angenommen.

Dämpfung von inflationsbedingten Mieterhöhungen

Auch das von der Bundesregierung vorgelegte 5. Mietrechtliche
Inflationslinderungsgesetz wurde im Bautenausschuss von ÖVP, SPÖ,
NEOS und Grünen befürwortet. Damit soll eine Dämpfung von
inflationsbedingten Mieterhöhungen sowie mehr Rechtssicherheit bei
Wertsicherungsklauseln erreicht werden. Zudem wird die
Mindestbefristung von Wohnungen grundsätzlich von drei auf fünf Jahre
verlängert. Nur in bestimmten Ausnahmefällen sollen Vermietungen
unter fünf Jahren möglich sein. Außerdem soll mit dem Gesetz die
Rückforderbarkeit von Zahlungen aufgrund unwirksamer Mietklauseln
begrenzt werden.

Mit der im Gesetz verankerten Mietpreisbremse wollen die
Koalitionsparteien sicherstellen, dass künftige Inflationsspitzen
nicht „ungebremst“ auf den Wohnungsmietmarkt treffen. Die vorgesehene
Deckelung der Wertsicherung wird in diesem Sinn auch für den freien
Wohnungsmarkt – inklusive bestehender Verträge – gelten. Liegt die
Inflation in einem Jahr über 3 %, soll der darüberliegende Wert nur
zur Hälfte für die Valorisierung herangezogen werden dürfen.
Ergänzend ist vorgesehen, die Inflationsanpassung im geregelten
Wohnsektor – also für Altbau-, Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen
– auf 1 % im Jahr 2026 und 2 % im Jahr 2027 zu begrenzen. Die
Valorisierung von Richtwerten, Kategoriemieten sowie sonstigen
Beträgen im Mietrechtsgesetz soll jeweils zum 1. April erfolgen.

Mit dem Beschluss der Regierungsvorlage gilt ein
Entschließungsantrag der Grünen zur Ausweitung der Mietpreisbremse
auf freie Mietverträge als miterledigt.

Keine Mehrheit im Ausschuss erhielt ein Entschließungsantrag der
FPÖ. Sie fordert, das im März beschlossene 4. Mietrechtliche
Inflationslinderungsgesetz zu „reparieren“. Mit der Novelle sei zwar
die Erhöhung der Richtwerte ausgesetzt worden, diese greife aber
nicht bei Verträgen, bei denen für die Indexierung der
Verbraucherpreisindex maßgeblich sei, lautet die Kritik.

Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen im Ukraine-Krieg

ÖVP, SPÖ und NEOS machen in einem Entschließungsantrag darauf
aufmerksam, dass es insbesondere in den russisch besetzten Teilen der
Ukraine zu außergerichtlichen Hinrichtungen, Folter, Misshandlungen
Kriegsgefangener und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
gekommen sei. Sie wollen Außenministerin Beate Meinl-Reisinger daher
ersuchen, derartige Verbrechen auf internationaler Ebene weiterhin
mit Nachdruck zu verurteilen und alle diplomatischen und
völkerrechtlichen Mittel zu nutzen, um eine lückenlose Dokumentation
sowie die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen zu
ermöglichen. Zudem soll sich die Außenministerin auf allen Ebenen für
einen Waffenstillstand und einen „umfassenden, gerechten und
nachhaltigen Frieden“ in der Ukraine, den Zugang unabhängiger
Beobachter wie des Roten Kreuzes zu den besetzten Gebieten sowie für
die Unterstützung von Hilfsprogrammen für die Opfer einsetzen. Im
Menschenrechtsausschuss hat der Entschließungsantrag einhellige
Zustimmung erhalten.

Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen

Für Klarstellungen der Rechtslage zu Wertsicherungsklauseln in
Mietverträgen sprachen sich im Justizausschuss ÖVP, SPÖ und NEOS aus.
Zahlreiche Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen, insbesondere im
Verhältnis zwischen Verbrauchern und Unternehmern, seien in den
letzten Jahren zum Gegenstand von Verfahren vor dem Obersten
Gerichtshof geworden. So habe im Lichte einer Entscheidung des
Obersten Gerichtshofs (OGH) eine der Regelungen nach dem
Konsumentenschutzgesetz über unzulässige Vertragsbestandteile keine
Relevanz mehr für Mietverträge oder sonstige längerfristige
Dauerschuldverhältnisse, heißt es in den Erläuterungen. Mit der
vorliegenden Gesetzesänderung soll die entsprechende Regelung
dahingehend präzisiert werden.

Außerdem werden Klarstellungen zu den Regelungen der gröblichen
Benachteiligung nach dem ABGB vorgenommen. Justizministerin Anna
Sporrer zufolge erfüllen Verträge über Raummiete die Kriterien des
Massenvertrags im Sinne der betreffenden Bestimmung nicht – es gehe
dabei um Fitnessstudios oder ähnliches. Beide Änderungen sollen auch
auf bestehende Verträge anzuwenden sein. Kritik an der Novelle kommt
von der Opposition, so bezweifeln die Grünen, dass tatsächlich
Klarheit geschaffen wird.

Maßnahmen gegen „Parkplatz-Abzocke“

Mit einer Änderung des Gerichtsgebührengesetzes, des
Rechtsanwaltstarifgesetzes und der Zivilprozessordnung sollen die
geplanten Maßnahmen der Bundesregierung gegen „Parkplatz-Abzocke“ und
„Abmahnmissbrauch“ umgesetzt werden. Die entsprechende
Regierungsvorlage passierte den Justizausschuss einstimmig. Beim
Thema Besitzstörung durch ein Kraftfahrzeug seien vermehrt Fälle zu
beobachten, in denen eine Besitzstörungsklage angedroht wird, sollte
nicht ein höherer Geldbetrag – der mehrere hundert Euro erreichen
könne – gezahlt werden. Nunmehr soll es kostengünstiger werden, in
diesen Fällen eine gerichtliche Entscheidung ergehen zu lassen. Das
soll jene außergerichtlichen Abmahnungen zurückdrängen, die unter
Hinweis auf die Kosten eines Gerichtsverfahrens höhere Zahlungen für
die Abstandnahme von einer Besitzstörungsklage verlangen.

So soll in den diesbezüglichen Fällen die Gerichtsgebühr auf 70 Ꞓ
ermäßigt werden, wenn die Angelegenheit mit der ersten Verhandlung
beendet wird. Im Fall der Zurückziehung der Klage vor Zustellung an
den Verfahrensgegner soll sich die Gebühr von 70 Ꞓ auf 35 Ꞓ
verringern. Der Streitwert soll unter bestimmten Voraussetzungen im
Rechtsanwaltstarifgesetz mit 40 Ꞓ festgelegt werden. Das soll nicht
nur Besitzstörungsverfahren betreffen, sondern auch alle sonstigen
Verfahren, in denen Rechtsschutz gegen eine störende Handlung durch
ein Kraftfahrzeug angestrebt wird. Eingegriffen werden soll laut
Erläuterungen nur in die Tarifordnung betreffend jene Fälle, denen
vom Gegner gar nicht entgegengetreten wird. Zur Verdeutlichung wird
eine Berechnung der kostenseitigen Auswirkungen für den Bereich des
RATG angeschlossen, wonach sich der diesbezügliche Tarif auf 107,76 Ꞓ
beläuft.

Um Leitentscheidungen zu erhalten, wird es überdies für einen
begrenzten Zeitraum von fünf Jahren möglich sein, in
Besitzstörungssachen den Obersten Gerichtshof (OGH) anzurufen. Auch
die anderen Maßnahmen sind vorerst auf fünf Jahre befristet. Mit
einer Ausschussfeststellung unterstreichen ÖVP, SPÖ, NEOS und FPÖ,
dass aus ihrer Sicht geringfügige Eingriffe, wie etwa das einmalige
kurzfristige Anhalten, Befahren oder Umdrehen auf einer befestigten
Fläche, ohne dass dadurch jemand behindert worden oder ein Schaden
entstanden ist, keine Störungshandlung darstellt. Die Grünen
erachteten die Ausschussfeststellung für nicht hilfreich, wenn man
sich schon dafür entscheide, den Gerichten bzw. dem OGH die
Entscheidungen zu überlassen.

Neues Vergabegesetz

Mit den Stimmen der Koalitionsparteien hat ein neues
Vergaberechtsgesetz den Justizausschuss passiert. Es soll die
Transparenz in Vergabeverfahren stärken und die Rechtssicherheit beim
Abschluss von Rahmenvereinbarungen erhöhen. Nachgekommen wird mit dem
Gesetz auch unionsrechtlichen Vorgaben. So sollen bei nationalen
Vergabeverfahren künftig elektronische Formulare („eForms“) und im
Rechtsschutz ein neues Pauschalgebührensystem implementiert werden.
Gemäß der Regierungsvorlage sollen außerdem die nationalen
Schwellenwerte für Direktvergaben aus der Schwellenwerteverordnung
als Dauerregelungen in das Gesetz aufgenommen werden. Bei
Bauaufträgen wird demnach künftig eine Direktvergabe bis unter
200.000 Ꞓ zulässig sein. Aktuell liegt dieser Schwellenwert bei
143.000 Ꞓ. Zudem sollen bei der Vergabe künftig auch
Nachhaltigkeitskriterien eine Rolle spielen. Die beiden
Oppositionsparteien stimmten der Novelle im Ausschuss nicht zu. Die
Freiheitlichen befürchten einen erhöhten Dokumentationsaufwand, die
Grünen Intransparenz.

Befangenheit von Richterinnen und Richtern

Wenig Chancen auf Erfolg hat ein Entschließungsantrag der FPÖ,
der auf eine Neuregelung der Befangenheitsregel für Richterinnen und
Richter abzielt. Die gegenwärtige Regelung weise erhebliche Mängel
auf, die das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsprechung
nachhaltig beeinträchtigen können, argumentiert sie und schlägt unter
anderem die Einrichtung einer unabhängigen Instanz zur Entscheidung
über Befangenheitsanträge, eine klarere Definition von
Befangenheitsgründen, einheitliche Standards und Fristen sowie
Transparenzmechanismen vor. Die Koalitionsparteien sehen allerdings
keine Notwendigkeit, die bestehenden Regelungen zu ändern. Diese
hätten sich bewährt, meinte etwa die SPÖ. Auch die Grünen lehnten den
Antrag an, wiewohl sie „Innovationspotential“ bei den
Befangenheitsregeln sehen.

Verzögerungen beim elektronischen Eltern-Kind-Pass

Zu Verzögerungen wird es beim elektronischen Eltern-Kind-Pass
kommen. Er hätte ursprünglich schon zu Beginn des nächsten Jahres das
„gelbe Papierheft“ ablösen sollen, einer Regierungsvorlage zufolge
sollen die entsprechenden Bestimmungen nun aber erst am 1. Oktober
2026 in Kraft treten. In den Erläuterungen wird dafür die
„Komplexität des Projekts“ ins Treffen geführt. Laut Staatssekretärin
Ulrike Königsberger-Ludwig ist darüber hinaus geplant, das
Untersuchungsprogramm für den Eltern-Kind-Pass zu aktualisieren und
zu ergänzen und beispielsweise eine Hebammenberatung zu ermöglichen.
Im Gesundheitsausschuss stimmte nur die FPÖ gegen die
Gesetzesnovelle. Sie kritisierte, dass es in Hinkunft nur mehr die
digitale Variante des Eltern-Kind-Pass-geben werde und keine
Wahlfreiheit bestehe.

Preisregulierung für Medikamente

Eine von der Regierung vorgeschlagene ASVG-Novelle sieht vor,
auch in den Jahren 2027 bis 2029 ein Preisband für wirkstoffgleiche
Arzneispezialitäten festzusetzen. Außerdem soll die Regelung zur
Preisbildung von Generika und Biosimilars verlängert werden. Kritik
daran kommt von der Opposition: Während die Grünen
Ausgleichsmaßnahmen für die Sozialversicherung vermissen, befürchten
die Freiheitlichen eine weitere Einschränkung der Versorgung sowie
„einen Kollateralschaden für die Vertriebskette“.

Einheitliche Diagnosen- und Leistungskodierung

Später als geplant wird auch die bundesweit einheitliche
Diagnosecodierung umgesetzt. Durch die Zuordnung von Diagnosen und
medizinischen Leistungen auf einheitliche Schlüssel soll nicht nur
die Behandlungssicherheit erhöht, sondern auch die Kommunikation
zwischen den einzelnen Gesundheitsdienstleistern erleichtert werden.
Der ambulante Sektor soll nun aber erst verzögert in das Projekt
einbezogen werden. Erst ab dem dritten Quartal 2026 (Meldung bis 30.
November 2026) werden niedergelassene Ärztinnen und Ärzte,
Gruppenpraxen sowie Ambulatorien verpflichtet sein, eine codierte
Diagnosen- und Leistungsdokumentation durchzuführen und die Daten an
die jeweiligen Krankenversicherungsträger zu übermitteln. Davor soll
es einen sechsmonatigen Pilotbetrieb mit freiwilligen Meldungen
geben.

Kritisch beurteilt wird die Gesetzesnovelle von der Opposition,
wobei die Grünen im Gesundheitsausschuss vor allem die
Ausnahmeregelung für Wahlärztinnen und Wahlärzte, die weniger als 300
Patientinnen und Patienten haben, bemängelten.

Längere Speicherfrist für ELGA-Daten

Zustimmung von allen Parteien gab es im Gesundheitsausschuss zu
einer von ÖVP, SPÖ, NEOS und FPÖ eingebrachten Initiative, die eine
Ausdehnung der bestehenden Speicherfrist von ELGA-Gesundheitsdaten
von zehn auf 30 Jahre mit sich bringt. Dies sei insbesondere im
Hinblick auf chronische, seltene oder komplexe Erkrankungen von
Bedeutung, wird im Antrag zur Änderung des
Gesundheitstelematikgesetzes hervorgehoben.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungswesen

Über alle Fraktionen hinweg Konsens bestand im
Gesundheitsausschuss auch darüber, dass die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit im Rettungswesen weiter ausgebaut werden soll. In
einer Fünf-Parteien-Entschließung wird die Bundesregierung ersucht,
weitere bilaterale Staatsverträge über den grenzüberschreitenden
Rettungsdienst abzuschließen. Solche Abkommen bestehen derzeit mit
Tschechien, der Slowakei und Ungarn.

Pensionsnachkauf und Pflegegeld für Überlebende des Holocaust

Personen, die während des „Ständestaates“ bzw. der NS-Herrschaft
in Österreich politisch verfolgt wurden oder aus religiösen Gründen
bzw. wegen ihrer Abstammung ihre Heimat verlassen mussten, wird nach
bestehender Rechtslage die Möglichkeit eingeräumt,
Pensionsversicherungszeiten begünstigt nachzukaufen, begrenzt bis zum
Zeitraum 31. März 1959. Diese Bestimmung kann auch von Personen in
Anspruch genommen werden, die erst in den unmittelbaren
Nachkriegsjahren aus Österreich ausgewandert sind, etwa weil sie KZ-
Häftlinge waren oder sich in der NS-Zeit vor Verfolgung verstecken
mussten. Nun soll der dafür maßgebliche Stichtag einem gemeinsamen
Antrag der fünf Parlamentsparteien zufolge vom 31. Dezember 1949 auf
den 15. Mai 1955 verlegt werden. Holocaust-Überlebende, die erst in
den 1950er-Jahren aus Österreich ausgewandert sind, sollen gegenüber
jenen Verfolgten, die Österreich zwischen dem 4. März 1933 und dem 9.
Mai 1945 dauerhaft verlassen haben, nicht benachteiligt werden, wird
die Initiative begründet. Ausgezahlt werden etwaige neue bzw. höhere
Pensionsansprüche ab Jänner 2026.

Eine analoge Stichtagsregelung sieht der Gesetzesantrag für den
Bezug von Pflegegeld außerhalb Österreichs vor: Demnach steht künftig
auch Personen, die Österreich aus den oben genannten Gründen nach dem
9. Mai 1945 und vor dem 15. Mai 1955 verlassen haben, ohne Wohnsitz
in Österreich Pflegegeld zu, sofern sie die anderen Kriterien
erfüllen.

Detailänderungen im Sozialversicherungsrecht

Gegen die Stimmen der FPÖ hat der Sozialausschuss eine von der
Regierung vorgeschlagene Sozialversicherungsnovelle an das Plenum
weitergeleitet. Dabei geht es unter anderem um kleinere
Nachbesserungen bei der neuen Teilpension und die Möglichkeit der
Video-Teilnahme an Sitzungen der Sozialversicherungsträger. So soll
es beispielsweise bei Inanspruchnahme einer Teilpension nicht nötig
sein, die mit dem Dienstgeber vereinbarte Arbeitszeitreduktion auf
ganze Arbeitsstunden zu runden. Überdies wird die Mitversicherung
einer Lebensgefährtin bzw. eines Lebensgefährten in der
Krankenversicherung im Falle der Erziehung eines Kindes erleichtert.
Ein Abänderungsantrag sieht außerdem die Verlängerung einer
Günstigkeitsklausel im Bereich der knappschaftlichen
Pensionsversicherung vor.

Gesundheitsreformfonds

Die Regierung schlägt darüber hinaus vor, für die Jahre 2026 bis
2030 einen mit jährlich rund 500 Mio. Ꞓ dotierten
Gesundheitsreformfonds einzurichten. Die Mittel sollen unter anderem
für eine bessere ärztliche Versorgung im niedergelassenen Bereich und
für Prävention verwendet werden, wobei für die Festlegung genauer
Richtlinien und Zielvorgaben das Sozialministerium – nach Beratungen
durch einen Beirat – zuständig ist. Konkret geht es etwa um den
weiteren Ausbau von Primärversorgungszentren, Versorgungsangebote an
Abenden und Wochenenden, den Einsatz von Telemedizin und eine bessere
Steuerung von Patientenströmen.

Das Geld für den Fonds kommt aus der Erhöhung der
Krankenversicherungsbeiträge von Pensionistinnen und Pensionisten,
wobei nicht die Beiträge der Betroffenen selbst, sondern die
gesetzlich verankerten Zuzahlungen der Pensionsversicherung für den
Fonds verwendet werden. Im Grunde handelt es beim
Gesundheitsreformfonds um drei Fonds: 72,96 % der Mittel wird der
Fonds der ÖGK, 22,24 % der Fonds der SVS und 4,8 % der Fonds der
BVAEB erhalten.

Kritik am Gesundheitsreformfonds kommt von der Opposition. FPÖ
und Grüne bezweifeln, dass damit bestehende Probleme im
Gesundheitsbereich gelöst werden können, und vermissen echten
Reformdruck.

Zuverdienstverbot für Arbeitslose

Begleitend zum Doppelbudget 2025/26 hat der Nationalrat vor dem
Sommer deutliche Einschränkungen bei der Zuverdienstmöglichkeit für
Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe
beschlossen. Ab 2026 wird es demnach nur noch in Ausnahmefällen
möglich sein, parallel zum Bezug von Leistungen aus der
Arbeitslosenversicherung geringfügig dazuzuverdienen.

Solche Ausnahmen gelten etwa für ältere Langzeitarbeitslose oder
Menschen mit Behindertenstatus, nun soll eine weitere Personengruppe
erfasst werden. Auch wer im Auftrag des Arbeitsmarktservice eine
mindestens viermonatige Weiterbildung mit zumindest 25 Wochenstunden
absolviert, wird demnach weiterhin nebenher geringfügig arbeiten
dürfen. Das betrifft etwa Personen, die im Rahmen einer
Pflegeausbildung ein Pflegestipendium beziehen. Ein entsprechender
Gesetzesantrag der Koalitionsparteien hat im Sozialausschuss
einhellige Zustimmung erhalten. Weitere Ausnahmen, etwa für Kunst-
und Kulturschaffende, Alleinerziehende oder Personen in einem
Entschuldungsverfahren, wie von den Grünen gefordert, wurden von den
Koalitionsparteien hingegen abgelehnt.

Unterstützungsfonds für Tourismusbeschäftigte

Um Beschäftigte in der Tourismusbranche zu halten, soll ein mit
6,5 Mio. Ꞓ im Jahr dotierter Unterstützungsfonds für
Tourismusbeschäftigte eingerichtet werden. Damit sollen vor allem Aus
– und Weiterbildungsmaßnahmen für Beschäftigte im Tourismus gefördert
werden. Aber auch Sonderunterstützungen nach Arbeitsunfällen oder
Jobverlust sollen möglich sein. Damit will die Regierung dem
Fachkräftemangel im Hotel- und Gastgewerbe begegnen. Die genauen
Förderkriterien sollen vom dreiköpfigen Vorstand in Form einer
Leistungsordnung festgelegt werden, wobei darauf zu achten ist, dass
sich Beihilfen und Leistungen nicht mit Leistungen des AMS
überschneiden.

Im Sozialausschuss stimmten neben den Koalitionsparteien auch die
Grünen für den Fonds. Die FPÖ glaubt hingegen nicht, dass mit dem
Fonds die angestrebten Ziele erreicht werden. Ihrer Meinung nach
könnte man die 6,5 Mio. Ꞓ sinnvoller einsetzen.

Kündigungsfristen für Arbeiterinnen und Arbeiter

Bereits im Jahr 2017 hat der Nationalrat beschlossen, die
Kündigungsfristen von Arbeiterinnen und Arbeitern an jene der
Angestellten anzugleichen, wobei die Bestimmungen nach mehreren
Verschiebungen letztendlich im Oktober 2021 in Kraft getreten sind.
Für Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, können per
Kollektivvertrag jedoch abweichende Regelungen festgelegt werden. In
der Praxis kam es allerdings des Öfteren zu Auslegungsproblemen, wer
unter diese Ausnahmebestimmung fällt. Nun soll eine von der Regierung
vorgelegte Gesetzesnovelle Klarheit schaffen. Sie hat unter
Berücksichtigung eines Abänderungsantrags den Sozialausschuss
passiert.

Demnach sollen nur jene Branchen, für die zwischen dem 1. Jänner
2018 und dem 30. Juni 2025 diesbezügliche kollektivvertragliche
Regelungen vereinbart wurden, von den im ABGB verankerten allgemeinen
Kündigungsfristen ausgenommen sein. Das betrifft laut Erläuterungen
29 Kollektivverträge, die von der Bauindustrie und dem Baugewerbe bis
hin zu Wachorganen im Bewachungsgewerbe und Beschäftigte in privaten
Busunternehmen und im Kleintransportgewerbe reichen. Ältere
kollektivvertragliche Vereinbarungen werden damit automatisch
hinfällig, die Vorgabe, dass es sich um Saisonbranchen handeln muss,
entfällt. Per Kollektivvertrag festgelegte Kündigungsfristen dürfen
allerdings eine Woche – bzw. zwei Wochen im Bereich der Land- und
Forstwirtschaft – nicht unterschreiten.

In Umsetzung der EU-Mindestlohnrichtlinie kommt es außerdem zu
einem besseren Kündigungsschutz für Beschäftigte in kleinen Betrieben
mit weniger als fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Auch für sie
gilt in Zukunft ein umfassendes Benachteiligungsverbot, wenn sie sich
wegen einer Bezahlung unter dem kollektivvertraglichen Mindestlohn
beschweren oder vor Gericht ziehen. Im Sozialausschuss stimmte nur
die FPÖ gegen die Gesetzesnovelle.

Parlamentarische Versammlung des Europarats

Österreich ist in der Parlamentarischen Versammlung des
Europarats mit sechs Mitgliedern und sechs Ersatzmitgliedern
vertreten, wobei die FPÖ zwei Vollmitglieder und zwei
Ersatzmitglieder entsendet, während ÖVP und SPÖ jeweils zwei
Vollmitglieder sowie ein Ersatzmitglied zukommen und NEOS und Grüne
jeweils ein Ersatzmitglied stellen.

Aufgrund des Ausscheidens von Stefan Schennach (SPÖ) aus dem
Bundesrat und von Stephanie Krisper (NEOS) aus dem Nationalrat sind
ein Mitglied und ein Ersatzmitglied neu zu wählen. Die SPÖ hat als
Ersatz für Schennach Abgeordnete Petra Bayr nominiert, für die NEOS
soll Dominik Oberhofer nachrücken. Eine Debatte dazu ist nicht
vorgesehen. Bayr gehört der Parlamentarischen Versammlung schon jetzt
als Ersatzmitglied an, die Wahl ihrer nominierten Nachfolgerin
Claudia Arpa wird im Bundesrat erfolgen. (Fortsetzung TOP im
Nationalrat) gs/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können
auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand
in der Mediathek des Parlaments verfügbar.