Wien (OTS) – Nahe der Stadt Raqqa im Nordosten Syriens lebt der
Beduine Hammoud (
54) mit seiner Familie. Vor dem Krieg besaß er eine Herde mit 1.500
Schafen. In den letzten Jahren musste er fast sein ganzes Vieh
verkaufen, um zu überleben. „Ich habe nur mehr 30 Schafe. Um Futter
für sie zu kaufen, musste ich mir Geld borgen“, erzählt Hammoud. Er
fürchtet sich schon vor den harschen Wintertemperaturen, hofft aber
nach der langen Dürre auf Regen, damit seine Schafe wieder Futter
haben. „Wenn der Regen erneut ausbleibt, habe ich nichts mehr übrig.
Diese 30 Schafe sind die einzige Hoffnung für meine Familie und
mich.“ Damit Hammoud und seine Familie durch den Winter kommen,
erhielt er Bargeldhilfe von CARE, die aus Mitteln der Europäischen
Union finanziert wird.
Humanitärer Bedarf so hoch wie nie zuvor
Trotz der anfänglichen Hoffnung bleibt auch ein Jahr nach dem
Ende des Assad-Regimes die Situation für Millionen Menschen in Syrien
dramatisch. Anhaltende Konflikte und Vertreibung, eine
Wirtschaftskrise, steigende Preise und chronische Dürren führen dazu,
dass mehr als 16,5 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen
sind – so viele wie noch nie zuvor. Mit Beginn des Winters verschärft
sich die Not weiter. Besonders betroffen sind Familien, die nach
jahrelanger Flucht in zerstörte Heimatorte zurückgekehrt sind, ebenso
wie die sieben Millionen Menschen, die weiterhin als
Binnenvertriebene in Camps und notdürftigen Unterkünften leben,
oftmals ohne isolierende Dächer, Fenster oder ausreichende Wasser-
und Stromversorgung.
Um Familien vor der Kälte zu schützen, verteilt CARE gemeinsam
mit lokalen Partnerorganisationen und finanzieller Unterstützung der
Europäischen Union Winterkleidung, Decken, Heizmaterial und
unterstützt den wetterfesten Ausbau von Unterkünften. Außerdem wird
die Versorgung mit sauberem Wasser und Sanitäranlagen sichergestellt.
In Nordwestsyrien erhalten 13.000 Menschen finanzielle Unterstützung
für winterfeste Unterkünfte und warme Kleidung. In Nordostsyrien
werden mehr als 15.500 Menschen mit Bargeldhilfen oder Sachleistungen
versorgt, um ihre dringendsten Bedürfnisse während der kalten Monate
zu decken.
„Syrien steht an einem historischen Wendepunkt: Nach mehr als
einem Jahrzehnt des Krieges versucht das Land, sich neu aufzubauen
und wieder auf die Beine zu kommen. Doch die Lage bleibt fragil und
der humanitäre Bedarf ist nach wie vor enorm. Die Europäische Union
steht weiterhin fest an der Seite der besonders schutzbedürftigen
Syrerinnen und Syrer und arbeitet dafür eng mit ihren humanitären
Partnern zusammen. Jetzt, da der Winter bevorsteht, versorgen unsere
Partner die Menschen mit lebenswichtiger Winterhilfe, Notunterkünften
und finanzieller Unterstützung, damit Familien sich vorbereiten und
die kommenden harschen Monate besser überstehen können“, sagt
Michelle Čičić, Leiterin des EU-Büros für humanitäre Hilfe in Syrien
.
„Ich weiß nicht, wie ich diesen Winter überleben soll“
Die 45-Jährige Ghalin, Mutter von sieben Kindern, lebt seit acht
Jahren in einer selbstgebauten Lehmhütte in einem Camp für
Vertriebene im Nordosten Syriens. Aufgrund von starkem Regen ist das
Dach ihrer Hütte im vergangenen Sommer eingestürzt. „Alle unsere
Vorräte, Reis, Zucker, Nudeln, wurden zerstört. Wir sind ohne Dach
und Essen mit der Hilfe unserer Nachbarn durch den Winter gekommen.“
Die kommenden Monate bereiten Ghalin deshalb große Sorgen: „Ich
habe keine Worte um die Angst, die ich fühle, zu beschreiben.“ Die
Familie hat einen provisorischen Ofen zum Heizen. „Wir nutzen ihn nur
für 40 Tage im Winter, an den ganz schlimmen Tagen. Wir können uns
den Brennstoff dafür nicht leisten.“ Im November erhielt ihr jüngster
Sohn Winterkleidung von CARE. „Meine Kinder schlafen in allen Sachen,
die sie bekommen haben, weil es so kalt ist und wir keine warmen
Decken haben“, sagt Ghalin. „Wir gehen früher schlafen, um Brennstoff
zu sparen, und hoffen, dass wir einschlafen, bevor uns zu kalt wird.
Ich weiß nicht, wie wir den Winter dieses Mal überleben sollen.“
So hilft CARE: Seit mehr als einem Jahrzehnt arbeitet CARE in
Syrien gemeinsam mit Partnerorganisationen – seit 2016 mit
finanzieller Unterstützung der Europäischen Union . Im Norden Syriens
sichert CARE den Zugang zu sauberem Wasser und Sanitärversorgung,
unter anderem durch den Bau und die Sanierung von Brunnen, Toiletten
und Handwaschstationen sowie Abwassermanagement. Gleichzeitig
unterstützt CARE Menschen dabei, ihre wirtschaftliche
Selbstständigkeit zurückzugewinnen. Berufsausbildungen, Mentoring-
Programme und Startkapital helfen 170 Frauen und Männern, kleine
Unternehmen aufzubauen und ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften.
Frauen und Mädchen, die von geschlechtsspezifischer Gewalt
betroffen oder bedroht sind, erhalten Schutz und Unterstützung, u.a.
durch mobile Gesundheitsdienste, psychosoziale Beratung sowie
finanzielle Unterstützung. Gleichzeitig sollen Aufklärungskampagnen,
die sich an Männer und Buben richten, Gewalt vorbeugen.
Insgesamt profitieren von dem Projekt mehr als 580.000 Menschen,
die Mehrheit davon sind Frauen.




