Wien (OTS) – SOS Mitmensch hat Schuldirektorinnen sowie Expertinnen
aus der
Mädchenarbeit befragt, wie Mädchen wirksam gegen patriarchale
Strukturen und Rollenverständnisse gestärkt werden können. In einem
35-seitigen Bericht nennen die Expertinnen mehr als ein Dutzend
effektive Maßnahmen und fordern von der Politik eine verstärkte
Unterstützung ein. Das geplante Kopftuchverbot sehen die Expertinnen
hingegen nicht als Hilfe zur Stärkung von Mädchen, sondern sie
befürchten kontraproduktive Effekte.
„Es ist beeindruckend, mit welcher Klarheit die Expertinnen, die
tagtäglich mit Mädchen arbeiten, darlegen, wie Mädchen gestärkt
werden können. Sie haben eine Vielzahl an wirkungsvollen Tools für
mehr Selbstbestimmtheit und Selbstbewusstsein von Mädchen auf den
Tisch gelegt und nennen Forderungen für weitere Verbesserungen. Die
Politik müsste eigentlich nur genau zuhören und dementsprechend
handeln, anstatt Maßnahmen zu setzen, die von den Mädchen-Expertinnen
als fragwürdig oder sogar kontraproduktiv erachtet werden“, so
Alexander Pollak, Sprecher der Menschenrechtsorganisation SOS
Mitmensch.
An der Befragung von SOS Mitmensch haben drei Direktorinnen von
Schulen, die zu den innovativsten Schulen Österreichs gehören, sowie
vier leitende Expertinnen aus der sozialarbeiterischen Mädchenarbeit
teilgenommen. Zusammen haben sie mehr als ein Dutzend Aktivitäten und
Tools genannt, die sie bereits jetzt erfolgreich an ihren Standorten
einsetzen, um Kinder und Jugendliche in ihrer Selbstbestimmung zu
stärken und patriarchalen Rollenverständnissen entgegenzuwirken. Dazu
zählen etwa die Erstellung von Klassenordnungen gemeinsam mit den
Kindern, die projektbezogene und zeitlich befristete Trennung von
Mädchen und Burschen, die Einführung eines Fachs „Kommunikation,
Kooperation und Konfliktbearbeitung“, die Zusammenarbeit mit
inspirierenden Role-Models, die Abhaltung von schulinternen
Elternseminaren sowie Workshops von Mädchenberatungsstellen an
Schulen.
Darüber hinaus weisen die Expertinnen auf zahlreiche notwendige
Verbesserungsmaßnahmen zur Stärkung von Mädchen hin. Dazu zählen etwa
die Schaffung eines integrativen statt segregierenden
Bildungssystems, die Verankerung eines verpflichtenden gemeinsamen
Ethikunterrichts für alle Kinder, mehr sozialarbeiterisches und
psychologisches Unterstützungspersonal an Schulen, die nachhaltige
Finanzierung von schulexternen Mädchen-Einrichtungen, die stärkere
Auseinandersetzung mit Gleichbehandlung und Gewaltschutz an
Bildungseinrichtungen, eigene mädchen- und burschenspezifische
Angebote, Verbesserungen bei der Ausbildung der Lehrer:innen sowie
klare und transparente Schulregeln unter dialogischer Einbindung von
Schüler:innen und Eltern.
Das von der Regierung beschlossene Kopftuchverbot wird
demgegenüber von den befragten Expertinnen nicht als Hilfe zur
Stärkung von Mädchen gesehen, sondern als problematisch oder sogar
kontraproduktiv erachtet. Die Schuldirektorinnen und Mädchen-
Expertinnen befürchten, dass die allein auf muslimische Mädchen
ausgerichtete Verbotsmaßnahme die Vertrauensbeziehung zwischen
Kindern und Pädagog:innen stören und Rückzug und Isolation befördern
könne. Gerade bei jenen Mädchen, auf die von ihrem Umfeld religiös-
patriarchaler Druck ausgeübt werde, könnte das Kopftuchverbot
besonders negative Auswirkungen haben, so die Einschätzung der
Mädchen-Expertinnen.
„Wir können die Politik nur eindringlich aufrufen, die
Einschätzungen und Verbesserungsvorschläge der zum Teil
preisgekrönten Expertinnen bezüglich der Stärkung von Mädchen ernst
zu nehmen und sie zu unterstützen“, fordert SOS Mitmensch-Sprecher
Pollak Gespräche der Politik mit den Expertinnen ein. SOS Mitmensch
wird den Expertinnen-Bericht an die Politik und auch an
Bildungseinrichtungen schicken, um einen Beitrag zur Verbreitung und
Umsetzung der zahlreichen Tools und Vorschläge zum Durchbrechen
patriarchaler Rollenverständnisse zu leisten.
SOS Mitmensch dankt der Direktorin der Offenen Volksschule am
Kaisermühlendamm, Petra Feldhofer-Mahmoudian, der Direktorin der
Modularen Mittelstufe Aspern, Doris Pfingstner, der Direktorin der
Mittelschule Währing, Erika Tiefenbacher, der Geschäftsführerin des
Vereins Amazone, Angelika Atzinger, der Geschäftsführerin des Vereins
Peregrina, Katharina Echsel, der Geschäftsführerin des Vereins
sprungbrett für Mädchen* und junge Frauen*, Martina Fürpass, sowie
der Teamleiterin des *peppa Zentrums für Mädchen* und junge Frauen*,
Lucia Rosati, für die Teilnahme an der Befragung.
Den gesamten Bericht finden Sie hier:
https://www.sosmitmensch.at/dl/LkltJKJLoLMJqx4KJK/Bericht_Maedchen_s-
taerken_SOSMitmensch_27Nov2025_pdf




