Volksanwaltschaft und FICE Austria: Kinder- und Jugendhilfe braucht einheitliche Qualitätsstandards statt Bundesländer-Fleckerlteppich

Wien (OTS) – „Immer wieder tauchen Skandale auf wie zuletzt um die
SOS-
Kinderdörfer. Ich traue mich zu sagen: Mit einheitlichen
Qualitätsstandards in den Wohngruppen in ganz Österreich auf wäre es
nicht so weit gekommen“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz. Schon 2019
hat FICE Austria Qualitätsstandards für die stationäre Kinder- und
Jugendhilfe erarbeitet. Sie befassen sich mit Fragen der
Partizipation, dem präventiven Schutz Minderjähriger vor Gewalt, dem
Umgang mit Gefährdungen, Übergriffen und Gewalt, der
Gesundheitsversorgung und mit Bildungsprozessen. „Die FICE-
Qualitätsstandards müssen zum Pflichtprogramm in allen Einrichtungen
werden. Das muss natürlich auch entsprechend finanziert werden“,
fordert Achitz.

„FICE – Austria“ ist die Österreichische Sektion der
Internationalen Gesellschaft für Erzieherische Hilfen (Fédération
Internationale des Communautés Educatives – F.I.C.E.). Sie vernetzt
Menschen und Organisationen und kümmert sich um die Verbesserung der
außerfamiliären Erziehung.

‚HANDlungsBUCH für die stationären Erziehungshilfen‘

„Alle Beteiligten, von Berufsvertretungen über die
Organisationen, die die WGs betreiben, bis hin zu den Ländern als
Aufsichtsbehörden sind sich einig: Die Qualitätsstandards sind
richtig und wichtig. Aber sie müssen nicht zwingend angewandt
werden“, kritisiert FICE-Austria-Präsident Christian Posch. „Gute
Ausbildung ist die Grundlage, um Übergriffe zu verhindern, oder sie
zumindest zu erkennen, sollten sie doch einmal passiert sein. FICE
Austria hat daher ein umfassendes Fachbuch entwickelt: Das
‚HANDlungsBUCH für die stationären Erziehungshilfen – Band I‘ das
zentrale Aufgaben- und Handlungsfelder der stationären Kinder- und
Jugendhilfe kompakt, praxisnah und fachlich fundiert beschreibt.“

Verbindliche fachliche Zusammenarbeit bei Diagnostik,
Hilfeplanung und Intervention

Als Problem sieht Posch, dass jedes Bundesland die Kinder- und
Jugendhilfe anders regelt. FICE Austria und die Volksanwaltschaft
kritisieren schon lange, dass die vollständige Anwendung der
anerkannten Standards an den Kosten scheitert. Posch: „Über die
Standards hinaus müssen frühzeitig ansetzende und flexible
Hilfsangebote für junge Menschen mit herausfordernden
Verhaltensweisen weiterentwickelt werden. Es braucht verbildliche
fachliche Zusammenarbeit bei Diagnostik, Hilfeplanung und
Intervention. Personalressourcen und arbeitsrechtliche Grundlagen
sind erforderlich.“

FICE-Standards in der Hälfte der Einrichtungen unbekannt

Eine Schwerpunktprüfung im Rahmen der präventiven
Menschenrechtskontrolle der Volksanwaltschaft, veröffentlicht vor
drei Jahren, hat ergeben, dass die FICE-Standards dem Personal in nur
53 Prozent der besuchten Einrichtungen bekannt sind. Volksanwalt
Achitz: „In beinahe der Hälfte der Einrichtungen fehlt also
fundiertes Wissen über die Standards. Wichtig wäre, dass jede
Einrichtung zumindest einer Person die Verantwortung für die
Umsetzung und Einhaltung der Standards überträgt. Das war zur Zeit
der Schwerpunktprüfung allerdings nur in 47 Prozent der Einrichtungen
der Fall.“

„Runder Tisch“ muss einheitliche Standards und Personalschlüssel
bringen

Im Parlament wurde vor kurzem die „größtmögliche Harmonisierung
der Kinder- und Jugendhilfe“ sowie ein Runder Tisch angekündigt. „Der
Runde Tisch wäre nicht notwendig, wenn die seit Jahren auf dem Tisch
liegenden Forderungen von Volksanwaltschaft und FICE umgesetzt worden
wären: einheitliche Standards für Kindeswohl, Gruppengrößen,
Ausbildung der Beschäftigten und Personalschlüssel. Die FICE-
Qualitätsstandards müssen zum Pflichtprogramm in allen Einrichtungen
werden. Das muss natürlich auch entsprechend finanziert werden.“
Sollte es dennoch einen Runden Tisch geben, ist die Volksanwaltschaft
natürlich bereit, ihre Position auch dort zu wiederholen. „Neben
Behörden, KJH-Einrichtungen und der Volksanwaltschaft sollten auch
Care Leaver Verein, DÖJ, FICE Austria, Schule, Polizei, Neustart,
Universitäten und Fachhochschulen sowie Berufsvertretungen eingeladen
werden“, so Achitz.

Rückfragehinweis:

FICE Austria
[email protected]
Tel: +43 664 2214320
www.fice.at