„Wehrhafte Demokratie – Wehrhafte Frauen“ am Internationalen Tag der Demokratie

Wien (PK) – Künstlerinnen unterschiedlicher Generationen und Genres
traten
gestern Abend an das Redepult des Nationalrats, um ihre Perspektiven
auf die liberale Demokratie zu teilen. Die Veranstaltung unter dem
Titel „Wehrhafte Demokratie – Wehrhafte Frauen“ fand auf Einladung
der Dritten Präsidentin des Nationalrats Doris Bures anlässlich des
Internationalen Tages der Demokratie statt. In ihren Beiträgen im
Parlament ging es den Künstlerinnen Renate Bertlmann, Monika Helfer,
Valerie Huber, Mira Lu Kovacs, Aida Loos und Yasmo um eine
gleichberechtigte Gesellschaft und darum, für Selbstbestimmung und
Freiheit Position zu beziehen. Die Moderation des Abends übernahm
Sonja Kato.

Bures: Frauenrechte sind Gradmesser für Menschenrechte

„Demokratie ist nie selbstverständlich“, betonte Dritte
Nationalratspräsidentin Bures in ihrer Begrüßung. Sie werde stark,
wenn man für sie eintrete, sich soldarisiere und sie verteidige.
Verletzlich werde die Demokratie, wenn man sie der Gleichgültigkeit
oder Egoismen überlasse. Der Zustand der Demokratien weltweit gebe
leider Grund zur Sorge, so Bures. Als der Internationale Tag der
Demokratie 2008 erstmals begangen worden sei, habe die Hälfte der
Menschen in freien demokratischen Staaten gelebt – heute sei es
„gerade einmal jeder vierte Mensch“. Man dürfe dem Druck nicht
standgeben, wenn sich liberale Staaten schrittweise von der liberalen
Demokratie entfernen, hielt Bures fest. Im Kern bedeute Demokratie,
dass das Volk souverän ist. Gerade bei den Frauenrechten würde aber
immer begonnen, diese einzuschränken, mahnte die Dritte
Nationalratspräsidentin. Die Frauenrechte seien dadurch auch ein
Gradmesser für Menschrechte und Freiheit. Der Titel der Veranstaltung
„Wehrhafte Demokratie – Wehrhafte Frauen“ solle daher ein Befund und
ein Appell zugleich sein. Kunst stelle Fragen, könne aufrütteln und
sichtbar machen, was allzu oft im Alltag verborgen bleibe. Sie dankte
den Künstlerinnen, die – jede von ihnen mit ihrer eigenen Stimme, dem
eigenen Stil und Perspektive – ihren Blick auf die Demokratie zeigen.

Liberale Demokratie im Fokus der Künstlerinnen

„It will never stop, unless you make it stop“ heißt es im Song
„Make It Stop“ der Musikerin Mira Lu Kovacs, mit dem sie die Reihe
der künstlerischen Beiträge des Abends im Parlament eröffnete. „Es
wird niemals aufhören, wenn wir es nicht aufhalten“, erörterte die
Künstlerin den Text auch in deutscher Sprache. Sie halte es für eine
der größten Herausforderungen unserer Zeit, die Hoffnung zu bewahren
und im täglichen Kampf für Menschenrechte und Würde nicht zu
verzweifeln. Wenn die Gesellschaft beginne, Rückschritte zu machen,
könne man es sich nicht leisten, lange müde zu sein.

Eine Lesung hielt die Schriftstellerin Monika Helfer unter dem
Titel „Wär ich doch klug“. Sie trug zwei Geschichten über Frauen in
unterschiedlichen Situationen vor. Eine Geschichte handelte von einer
Frau, die nichts mehr wusste, das aber artikulierte: „Ich habe meinen
Verstand verloren“. Bei der anderen Geschichte ging es um Frauen
unter sich, mit Rotwein, Musik, feiernd, singend und tanzend – „sie
merkten nicht, dass sie laut geworden waren“, gab Monika Helfer als
Denkanstoß.

„Ich wollte ein Gedicht schreiben“ war anschließend in Form einer
Poetryslam-Darbietung von Rapperin und Slampoetin Yasmo zu hören. In
einer Demokratie müsse es klar sein, dass alle mitmachen dürfen –
nicht immer würden sich alle angesprochen und eingeladen fühlen, so
die Künstlerin. Ihr Text handelte von ihren Anfängen als
Kunstschaffende, und dass Dichterin da, „wo ich herkomme“, kein Beruf
sei. Die große Kunst sei, frei zu leben -und „wenn es geht, zu
berühren“, so Yasmo.

Die Kabarettistin und Schauspielerin Aida Loos trug unter dem
Titel „Zeitloos“ satirische Beiträge vor. Sowohl Demokratie, als auch
Satire scheinen aber gefährdet zu sein, so Loos, die damit kritisch
auf US-Präsident Donald Trump abzielte. Europa wiederum sei „stolz
wie ein Pfau“ und trage seine „Selbstgefälligkeit“ vor sich her.
„Demokratie ist – wenn eine Fledermaus und zwei Motten darüber
nachdenken, ob das Licht ausgeschalten werden soll“, brachte sie
mehrere ironische, „tierische“ Vergleiche wie diesen. Festzuhalten
sei aber, dass Demokratie eben nicht für Tiere und für das Recht des
Stärkeren, sondern für Menschen gemacht sei.

Schauspielerin und Autorin Valerie Huber sprach zu den Themen
„Demokratie, Klima, Menschlichkeit“. Klimaschutz sollte eigentlich
Menschenschutz heißen, so Huber. Aber Demokratien seien ganz
offensichtlich „in einer gewaltigen Krise“. Ziel sei nämlich nicht
mehr das Wohl aller, sondern unbegrenztes Wachstum – auf einem
Planeten mit begrenzten Rohstoffen gehe sich das nicht aus. Mit ihrem
Gedicht „Die Scheinheiligkeit der Freiheit“ gab sie unter anderem zu
bedenken: „Die Ungerechtigkeit, die Ungleichheit, ist der Feind der
Demokratie.“ Es brauche eine Demokratie, die vor allem auf
Menschlichkeit und Solidarität schaue, so der Appell in ihrem
Beitrag.

Die bildende Künstlerin Renate Bertlmann berichtete in ihrem
Beitrag über „Groteskes und Ermutigendes“ aus ihrer Karriere. Dies
könne auch eine Erweiterung des Geschichtsbewusstseins sein, so
Bertlmann. In die Kategorie „Groteskes“ fiel beispielsweise, dass ihr
im Jahr 1973 ein Galerist zu dieser Zeit in Wien eröffnete, wenn sie
verheiratet sei, habe sie „die Ausstellung ja nicht nötig“. Aber auch
Ermutigendes habe es gegeben, als die ehemalige Frauenministerin
Johanna Dohnal auf Kunst aufmerksam geworden sei und 1984 mit „Kunst
mit Eigensinn“ eine Frauenausstellung über die Bühne gehen konnte.
Auch heute noch werde Schritt für Schritt in der Geschichte der Kunst
ein völlig neues Bild der Frau aus weiblicher Sicht geschaffen,
zeigte sich Bertlmann überzeugt. (Schluss) mbu

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf
vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments .